Die Extrahaushalte des Bundes 25 schlossen 2023 mit einem Defizit von 23 Mrd € ab (siehe untenstehendes Schaubild). Das Ergebnis war damit beachtliche 41 Mrd € günstiger als noch im Dezember 2023 geplant. Im Jahr 2022 hatte das Defizit bei 31 Mrd € gelegen.
– Der WSF-E verbuchte ein Defizit von fast 42 Mrd € und damit 11 Mrd € mehr als im Jahr 2022. Neben den Transfers insbesondere gemäß der Strom- sowie Gaspreisbremse schlugen Zinsausgaben von 2½ Mrd € zu Buche. Der Abschluss war gut 1½ Mrd € günstiger als im Nachtragshaushalt veranschlagt. Das Defizit finanzierte die Regierung mit weiteren Notlagenkrediten über die Ausnahmeklausel. Die ausstehende Tilgungslast aus Notlagenkrediten fällt wegen der ausgebuchten Rücklagen nun aber erheblich niedriger aus als Ende 2022. Gemessen am Wirtschaftsplan 2023 des WSF-E von damals floss nur ein Drittel der Ausgaben ab. Besonders umfangreich entlasteten niedrigere Vertragspreise der Versorgungsunternehmen bei den Ausgaben für die Preisbremsen. Zudem entfielen hohe geplante Kapitaleinlagen beim Gashandelsunternehmen Uniper. Ergänzende Energiepreishilfen spielten – abgesehen vom Krankenhaussektor – kaum eine Rolle. Der übrige WSF erzielte einen Überschuss von 15 Mrd € aus zurückgezahlten Hilfsdarlehen, nach einem Defizit von 13 Mrd € im Jahr 2022.
– Beim Klimafonds stand ein Defizit von 1½ Mrd € zu Buche, das aus der verbliebenen Rücklage finanziert wurde. Im Vorjahresvergleich verschlechterte sich das Ergebnis nur moderat, wenn man die im Jahr 2022 vereinnahmte Zuweisung des Kernhaushalts von 6 Mrd € herausrechnet. Gegenüber dem geplanten Defizit von 14 Mrd € entlasteten um 2½ Mrd € höhere Erlöse aus CO₂-Emissionszertifikaten. Weit gewichtiger war aber, dass erneut nur gut die Hälfte der veranschlagten Ausgaben abfloss.
– Überschüsse erzielten die Vorsorge-Sondervermögen für inflationsindexierte Bundeswertpapiere (4½ Mrd €) und Pensionen (3½ Mrd €). Beim Finanzmarktstabilisierungsfonds (SoFFin) stand ein Überschuss von 4½ Mrd € zu Buche, vor allem aus Darlehensrückzahlungen. 26
Für das laufende Jahr enthalten die Planungen für den Bund und seine Extrahaushalte ein Defizit von 101 Mrd € (siehe Tabelle „Wichtige Haushaltskennzahlen des Bundes“, Ziffer 21). 27
Davon entfallen 52 Mrd € auf die Extrahaushalte, darunter sehr weitgehend auf den Klimafonds und den Bundeswehrfonds. Der Klimafonds soll sein Defizit aus Rücklagen finanzieren, der Bundeswehrfonds läuft außerhalb der Schuldenbremse. Der Bund plant so, erstmals seit 2020 keine Notlagenkredite über die Ausnahmeklausel aufzunehmen. 28
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts passte der Gesetzgeber den Haushaltsentwurf 2024 vom vergangenen Sommer stark an. Im Kernhaushalt beträgt das Defizit nun gut 49 Mrd €. Die Nettokreditaufnahme trifft damit – wie im Entwurf vom Sommer – genau die errechnete Obergrenze der Schuldenbremse. Das Defizit fällt allerdings um 31 Mrd € höher aus als ursprünglich geplant (siehe Tabelle „Wichtige Haushaltskennzahlen des Bundes“, Ziffer 3). Möglich machten dies mehrere Faktoren:
– Der Erwerb von zusätzlichem Finanzvermögen erlaubt eine um 16 Mrd € höhere Nettokreditaufnahme (ebenda, Ziffer 8). Darunter fallen ein Darlehen von 12 Mrd € für das Generationenkapital 29 und eine Kapitalzuführung von 4½ Mrd € an die Deutsche Bahn für das Schienennetz. 30
– Zudem erlaubt die Konjunkturkomponente gemäß der Herbstprojektion eine knapp 5½ Mrd € höhere Nettokreditaufnahme (Ziffer 7).
– Weil das Haushaltsgesetz im neuen Jahr verabschiedet wurde, bezieht sich die Kreditgrenze auf das nominale BIP 2023. Anderenfalls wäre das niedrigere BIP von 2022 (letztes Jahr vor der Verabschiedung) zu verwenden gewesen. Die Obergrenze steigt so um 1 Mrd € (Ziffer 13).
– Darüber hinaus entnimmt der Bund mit zusätzlich 9 Mrd € fast den ganzen Restbestand der Rücklage. Hiervon entstammen 6½ Mrd € dem besser als geplanten Abschluss 2023 (Ziffer 5).
Gegenüber dem Ist 2023 sinkt das geplante Defizit des Kernhaushalts damit um 15 Mrd €. Das kreditfinanzierte Darlehen für das Generationenkapital erhöht dabei zwar das Haushaltsdefizit. Dafür entfällt ein Darlehen von 6½ Mrd € an den Internationalen Währungsfonds. Außerdem entfallen nachlaufende Pandemielasten des Jahres 2023. Die Zinsausgaben sinken zudem, weil um 12 Mrd € geringere Lasten aus Disagien und inflationsindexierten Bundeswertpapieren eingerechnet sind. Darüber hinaus verschiebt der Bund Ausgaben auf Extrahaushalte (nicht zuletzt Militärausgaben in den Bundeswehrfonds) und nutzt die Rücklage des Digitalisierungsfonds von 4 Mrd € im Kernhaushalt. Zudem kürzt er seine Zuschüsse an die Rentenversicherung um 1 Mrd €.
Der Bund hält gemäß seiner Rechnung die Schuldenbremse auch einschließlich Extrahaushalten ein. Kreditaufnahmen sind dort nur im Bundeswehrfonds veranschlagt (siehe Tabelle „Wichtige Haushaltskennzahlen des Bundes“, Ziffer 20), der außerhalb der Schuldenbremse steht. Die anderen Sondervermögen sollen ihre teils beträchtlichen Defizite aus ihren Rücklagen finanzieren. Dies betrifft insbesondere den Klimafonds (Ziffer 17.a). Die Regierung hat die betreffenden Rücklagen aber größtenteils nur bilden können, weil Kreditermächtigungen des Kernhaushalts übertragen wurden, als die Ausnahmeklausel gezogen war. Ökonomisch gesehen bestehen insoweit Parallelen zu den Rücklagen, die nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts auszubuchen waren. Die Bundesregierung sieht hier offenbar aber keinen rechtlichen Konflikt.
Insgesamt errechnet sich aus den finalisierten Planungen für das laufende Jahr ein Defizit der Extrahaushalte von 52 Mrd €. 31 Gegenüber dem Planungsstand vom Sommer besteht die wichtigste Änderung darin, dass der WSF-E zum Jahresende 2023 aufgelöst wurde. Die Energiepreisbremsen liefen zu diesem Zeitpunkt aus, und der Kernhaushalt übernahm die ausstehenden Lasten, insbesondere Zinsen. Bei den anderen beiden großen Sondervermögen sind wie im Sommer umfangreiche Defizite geplant.
– Für den Bundeswehrfonds sind 20 Mrd € veranschlagt. Wie schon im Sommer vorgesehen, soll der Fonds die meisten Beschaffungsausgaben aus dem Kernhaushalt übernehmen. Hinzugetreten sind Ersatzbeschaffungen von ½ Mrd € für Material, das die Bundeswehr an die Ukraine abgab.
– Für den Klimafonds ist ein Defizit von 29 Mrd € veranschlagt und damit lediglich ½ Mrd € weniger als im Sommer. Zwar kürzte der Gesetzgeber die Ausgaben deutlich stärker. Dem steht jedoch gegenüber, dass die im Sommer veranschlagte globale Mehreinnahme von 9½ Mrd € entfiel. Die nun um 5 € je Tonne stärkere Anhebung des Preises der nationalen CO₂-Zertifikate bringt dagegen nur Mehreinnahmen von 1½ Mrd €. Das Gerichtsurteil hatte die Rücklage des Fonds unmittelbar um 60 Mrd € verringert. Mit dem Abschluss 2023 wies die Regierung noch Rücklagen von 29 Mrd € aus. Diese sollen im laufenden Jahr fast vollständig verbraucht werden. Die mittelfristige Planung vom Sommer 2023 sah allerdings auch für 2025 noch ein Defizit von 28 Mrd € vor. Demnach besteht weiter beträchtlicher Anpassungsbedarf.
– Der weitaus kleinere Digitalisierungsfonds kehrt seine restliche Rücklage an den Kernhaushalt aus. Dadurch verzeichnet er ein Defizit von 4 Mrd €.
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Das Finanzergebnis der Kernhaushalte der Länder verschlechterte sich im vergangenen Jahr erheblich um 15 Mrd €: Da die Länder 2022 noch einen hohen Überschuss verzeichnet hatten, schlossen sie 2023 dennoch nur mit einem leichten Defizit ab. 33
Die Einnahmen sanken um 2 % (– 9 Mrd €). Dabei ging das Steueraufkommen um 1 % zurück. Die Länder belastete besonders, dass die ihnen zufließende Grunderwerbsteuer einbrach. Darüber hinaus lagen die Einnahmen von öffentlichen Verwaltungen um 8 % niedriger als im Vorjahr. Diese waren zuvor stark erhöht, weil der Bund Corona-Hilfen durch die Länderhaushalte leitete (v. a. Unternehmenstransfers). Die entsprechenden Ausgaben der Länder entfielen dann ebenfalls. Dennoch nahmen die Ausgaben insgesamt um 1 % (+ 5 Mrd €) zu. 34
Einschließlich ihrer Extrahaushalte könnten die Länder das vergangene Jahr in etwa ausgeglichen abgeschlossen haben (2022: Überschuss von 16 Mrd € 35 ). Daten zum Gesamtjahr liegen allerdings noch nicht vor. Nach drei Quartalen war das Ergebnis für Kern- und Extrahaushalte um 19 Mrd € ungünstiger als im Vorjahr.
Die Finanzlage der Länder könnte sich im laufenden Jahr verschlechtern. Die Steuern der Länder dürften zwar spürbar wachsen. Allerdings dürften die Ausgaben stärker zunehmen als die Einnahmen. Die Preisanstiege wirken sich immer noch breit aus. Der Tarifabschluss vom vergangenen Dezember erhöht mit vergleichbaren Anpassungen im Beamtenbereich die Personalausgaben kräftig. Zudem wollen die Länder weiter Personal aufbauen. Die Zuweisungen an die Kommunen dürften dagegen langsamer wachsen – sie folgen insbesondere den schwachen Steuern des Vorjahres.
Viele Länder nutzten während der Pandemie Notlagenkredite, um Reserven für Ausgaben in Folgejahren zu bilden. Offizielle Übersichten zu deren Umfang sind nicht verfügbar. Die Bundesbank erstellte Hilfsrechnungen für den Stand zum Jahresende 2022. 36 Im Jahr 2023 planten einzelne Länder noch bis zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom November, zusätzliche Reserven zu bilden. Rechnet man diese ein, könnten die Reserven aus Notlagenkrediten zu diesem Zeitpunkt bei etwa 30 Mrd € gelegen haben.
Das Urteil besagt, dass Notlagenkredite nicht überjährig eingesetzt werden können. Dies bedeutet, dass die Länder ihre Planungen anpassen müssen, soweit sie darin solche Reserven einsetzen. So stellten etwa Brandenburg, Bremen, das Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein nach dem Urteil erneut Notlagen fest und begründeten damit Notlagenkredite. Diese betreffen meist auch das Jahr 2024. Ein anderer Weg ist, notlagenkreditfinanzierte Reserven aufzulösen. So löste Mecklenburg-Vorpommern ein Sondervermögen auf, das es zuvor mit Notlagenkrediten befüllt hatte. Auch in weiteren Ländern dürften Anpassungen folgen.