Monatsberichtsaufsatz

Konjunktur in Deutschland Monatsbericht – Februar 2024

Veröffentlicht am 2/19/2024

Konjunktur in Deutschland Monatsbericht – Februar 2024

Monatsberichtsaufsatz

Die deutsche Wirtschaftsleistung schrumpfte im vierten Quartal 2023. Der Schnellmeldung des Statistischen Bundesamtes zufolge ging das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) saisonbereinigt um 0,3 % gegenüber dem Vorquartal zurück, nachdem es in den ersten drei Quartalen nahezu stagniert hatte. 1 Die Industrie litt weiter unter der schwachen Auslandsnachfrage. Die gestiegenen Finanzierungskosten bremsten nach wie vor die Investitionen und dadurch die inländische Nachfrage nach Industriegütern und Bauleistungen. Zudem dürfte die Unsicherheit hinsichtlich der Transformations- und Klimapolitik die Investitionen gedämpft haben. Darüber hinaus beeinträchtigte die ungünstige Witterung die Bauaktivität. Zusätzlich lastete der relativ hohe Krankenstand auf der Wirtschaftsaktivität. Dagegen stützten die niedrigere Inflation, der robuste Arbeitsmarkt und das kräftige Lohnwachstum den realen privaten Konsum. Die Verbraucherinnen und Verbraucher blieben mit ihren Ausgaben aber wohl noch vorsichtig.

Gesamtwirtschaftliche Produktion

Die Industrieproduktion ging im vierten Quartal 2023 saisonbereinigt deutlich zurück. Der Rückgang erfasste die meisten Sektoren mit Ausnahme der Produktion von Kfz sowie des sonstigen Fahrzeugbaus. Insbesondere der seit längerem schwache Auftragseingang dürfte sich vermehrt in der Produktion niedergeschlagen haben. Gemäß Umfragen des ifo Instituts nahm der Anteil der Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe mit Auftragsmangel seit April 2023 kontinuierlich zu und betrug zuletzt 37 %. Dagegen ließen die Lieferengpässe gemäß ifo Umfragen weiter nach. Die schwache Auslandsnachfrage machte sich auch in den realen Warenexporten bemerkbar, welche im vierten Quartal weiter zurückgingen.

Die gestiegenen Finanzierungskosten dämpften nach wie vor die Investitionen. Die gewerblichen Ausrüstungsinvestitionen gingen im Schlussquartal wohl deutlich zurück. Dies signalisieren die kräftig gesunkenen preisbereinigten Umsätze der Investitionsgüterproduzenten im Inland. Zudem verringerten sich die realen Importe von Investitionsgütern stark. Die Unternehmen investierten dabei weniger in ihre Fahrzeugflotten. Die gewerblichen Pkw-Zulassungen sanken laut Angaben des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) erheblich. Dabei dürfte auch eine Rolle gespielt haben, dass für gewerbliche Halter der Umweltbonus Ende August 2023 ausgelaufen war.

Die Bauinvestitionen gingen im vierten Quartal wohl deutlich zurück. Die Bauproduktion sank gegenüber dem Vorquartal saisonbereinigt kräftig, sowohl im Bauhaupt- als auch im Ausbaugewerbe. Die gestiegenen Zinsen lasteten weiter auf der Nachfrage nach Bauleistungen. Der Auftragseingang im Bauhauptgewerbe ging im Mittel von Oktober und November gegenüber dem Vorquartal kräftig zurück. Den Stand vom vierten Quartal 2021 unterschritt er nunmehr um 17 %. Gemäß Umfragen des ifo Instituts erhöhte sich der Anteil der Unternehmen im Bauhauptgewerbe mit Auftragsmangel im Herbstquartal weiter deutlich. Zusätzlich dürften die hohen Niederschlagsmengen die Bauaktivität beeinträchtigt haben. 2 Gemäß Umfragen des ifo Instituts berichtete im Schlussquartal ein Viertel der Unternehmen im Bauhauptgewerbe von einer Behinderung der Bautätigkeit durch Witterungseinflüsse.

Der private Konsum dürfte im Herbstquartal leicht zugelegt haben. Trotz der niedrigeren Inflation, des robusten Arbeitsmarktes und des kräftigen Lohnwachstums blieben die privaten Haushalte mit ihren Konsumausgaben jedoch weiterhin vorsichtig. Laut GfK waren die Verbraucherinnen und Verbraucher von den geopolitischen Krisen und Kriegen, starken Preissteigerungen bei Lebensmitteln und der Diskussion um den Staatshaushalt verunsichert. 3

Produktion in der Industrie und im Baugewerbe

Die preisbereinigten Umsätze im Einzelhandel gingen erneut etwas zurück. Auch im Gastgewerbe verringerten sie sich den bis November verfügbaren Angaben zufolge. Dagegen kauften die privaten Haushalte wohl erheblich mehr Pkw. Darauf deuten die privaten Kfz-Zulassungen hin, die gemäß Angaben des VDA kräftig zulegten. Die Aktivität im Dienstleistungssektor könnte im vierten Quartal indes gesunken sein. Die Dienstleistungsproduktion (ohne Handel) ging den bis November verfügbaren Angaben zufolge zurück. Der Kfz-Handel war wohl ebenfalls rückläufig. Dies signalisieren die Kfz-Zulassungen insgesamt, die spürbar sanken. Der kräftige Rückgang der gewerblichen Zulassungen überwog den Anstieg der privaten Zulassungen. Auch die realen Umsätze im Großhandel gingen zurück. Hier dürfte sich auch die schwache Industriekonjunktur niedergeschlagen haben.

Die lang anhaltende wirtschaftliche Schwächephase wirkte sich bislang nur mild auf den Arbeitsmarkt aus. Trotz gesunkener Wirtschaftsleistung erhöhte sich die Beschäftigung im Herbstquartal geringfügig. Die Arbeitslosigkeit erreichte allerdings ein etwas höheres Niveau als im Sommer. Der Anstieg lief gleichwohl in den vergangenen beiden Monaten aus. Auch das Angebot an offenen Stellen stabilisierte sich zuletzt, nach einem Rückgang zuvor. Ähnliches gilt für die meisten Frühindikatoren des Arbeitsmarktes. Somit gibt es keine Anzeichen für eine bevorstehende spürbare Verschlechterung am Arbeitsmarkt durch die schwache Konjunktur. Ebenso wenig deutet auf einen durchgreifenden Beschäftigungsanstieg und einen damit einhergehenden Rückgang der leicht erhöhten Arbeitslosigkeit hin.

Arbeitsmarkt

Nach der Stagnation der gesamten Erwerbstätigkeit im dritten Quartal erhöhte sich die Beschäftigung im Schlussquartal 2023 saisonbereinigt mit 28 000 Personen beziehungsweise + 0,1 % geringfügig. Selbstständigkeit und ausschließlich geringfügige Beschäftigung waren rückläufig. Demgegenüber nahm die Zahl der besetzten sozialversicherungspflichtigen Stellen zu. Den ersten Hochrechnungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) zufolge, die bis November reichen, wird weiterhin Personal in Bereichen der öffentlichen Grundversorgung – dem Gesundheits- und Sozialwesen, dem Öffentlichen Dienst, der Energie- und Wasserversorgung sowie Bildung und Erziehung – aufgestockt. Ebenfalls recht positiv entwickelte sich der Beschäftigungsstand bei den qualifizierten unternehmensnahen Dienstleistern und dem Bereich Verkehr und Lagerei. Die negativen konjunkturellen Einflüsse drückten den Personalbestand der Leiharbeit und des Handels leicht. Im Verarbeitenden Gewerbe und im Baugewerbe gab es einen minimalen Beschäftigungsrückgang. Die wirtschaftlich bedingte Kurzarbeit blieb auf dem leicht erhöhten Niveau. Ein spürbarer Anstieg in den nächsten Monaten ist den Anmeldungen zur Kurzarbeit jedoch nicht zu entnehmen.

Die registrierte Arbeitslosigkeit erhöhte sich auch im vierten Quartal 2023 leicht. Im Quartalsdurchschnitt waren mit saisonbereinigt 2,69 Millionen Personen rund 55 000 Personen mehr bei der BA arbeitslos registriert als im Quartal zuvor. Die entsprechende Arbeitslosenquote kletterte gegenüber dem Sommer um 0,1 Prozentpunkte auf 5,8 %. Im Januar blieb die Arbeitslosigkeit – wie bereits im Dezember – nahezu unverändert. Das lag in erster Linie daran, dass sich die Arbeitslosigkeit im konjunkturell beeinflussten Versicherungssystem des SGB III besser darstellte als in den vorangegangenen Monaten. Es wäre jedoch verfrüht, positive konjunkturelle Signale daraus abzuleiten, da gerade im Dezember und Januar auch wetterbedingte Einflüsse eine Rolle gespielt haben könnten.

Die Mehrheit der Frühindikatoren verbesserte sich in den beiden Monaten um den Jahreswechsel leicht. Damit deutet sich eine Bodenbildung an, nachdem sich die Aussichten am Arbeitsmarkt im Laufe des Jahres 2023 etwas eingetrübt hatten. Allerdings ist dies noch kein Signal einer unmittelbar bevorstehenden Einstellungswelle. Die Zahl der gemeldeten offenen Stellen erhöhte sich saisonbereinigt im Dezember und Januar etwas. Damit endete ein etwa anderthalb Jahre dauernder leichter Rückgang der immer noch recht hohen Zahl an Vakanzen. Vor allem gingen zuletzt mehr neue Stellenangebote bei der BA ein. Die Vakanzdauer, bis zu der eine offene Stelle besetzt werden konnte, ist weiterhin sehr hoch. Das Beschäftigungsbarometer des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) für die Gesamtwirtschaft ist nach wie vor im positiven Bereich und verbesserte sich ein wenig. Hier werden die regionalen Leiter der Arbeitsagenturen zu den lokalen Aussichten in den nächsten drei Monaten befragt. Dies schließt auch die Beschäftigungsentwicklung in den vom Strukturwandel profitierenden Dienstleistungsbereichen wie Gesundheit und Bildung ein. Der Indikator für die Einstellungsabsichten der – konjunkturellen Schwankungen stärker ausgesetzten – gewerblichen Wirtschaft für die nächsten drei Monate, wie sie sich aus der monatlichen Umfrage des ifo Instituts unter rund 9 000 Unternehmen ergeben, weist jedoch einen negativen Saldo aus und verschlechterte sich im Januar weiter.

Arbeitsentgelte und Lohndrift

Die aus den Übergängen zwischen Arbeitslosigkeit und Erwerbstätigkeit ablesbare Dynamik der künftigen Arbeitslosigkeit verbesserte sich im Januar zum ersten Mal seit anderthalb Jahren. So erhöhte sich vor allem unter den Arbeitslosen im Versicherungssystem die Wahrscheinlichkeit einer Erwerbsaufnahme. Gleichzeitig blieb die Übergangsrate von Erwerbstätigkeit in Arbeitslosigkeit weiter nahe ihrem Tiefstand der letzten 30 Jahre, welcher 2022 erreicht wurde. Die Entlassungswahrscheinlichkeit ist demnach weiter sehr niedrig. Die IAB-Befragung zur Entwicklung der Arbeitslosigkeit ist nicht mehr ganz so tief im negativen Bereich. Die Arbeitslosenzahl dürfte sich demnach in den nächsten Monaten stabilisieren.

Die Tarifverdienste stiegen im Herbst 2023 vorübergehend weniger stark als im Sommer. Einschließlich der Nebenvereinbarungen erhöhten sie sich im vierten Quartal um 3,6 % gegenüber dem Vorjahr, nach 4,7 % zuvor. Wie in den ersten drei Quartalen des Jahres 2023 spielten dabei auch hohe abgabenfreie Inflationsausgleichsprämien eine wichtige Rolle. Ohne diese Sonderzahlungen nahmen die Tarifverdienste im Herbst mit 2,5 % gegenüber dem Vorjahr spürbar schwächer zu als mit 2,9 % im Sommer. 4 Eine Trendwende hin zu künftig niedrigeren Tariflohnanstiegen lässt sich daraus jedoch nicht ableiten. Denn die jüngst ausgehandelten Tarifabschlüsse sehen zu Beginn der Laufzeit Nullmonate ohne Lohnanhebungen vor. Anschließend werden zeitlich verzögert Inflationsausgleichsprämien ausgezahlt. 5 Ab Herbst 2024 kommt es dann zu deutlichen, dauerhaften Lohnanhebungen. Insgesamt sehen die Abschlüsse für 2024 und 2025 kräftige Tariflohnzuwächse vor.

Exkurs

Im Jahr 2023 sanken die Preise für Wohnimmobilien deutlich. Maßgeblich dafür war die verminderte Erschwinglichkeit von kreditfinanzierten Kaufobjekten. Diese ging mit der hohen Inflation und den Zinserhöhungen ab dem zweiten Halbjahr 2022 einher. Die geldpolitische Straffung verringerte auch die Nachfrage nach Wohnraum. Sie verlagerte sich dabei zunehmend auf den Mietmarkt. Der bislang hohe Anstieg bei Mieten verstärkte sich nochmals deutlich. Die stockende Angebotsausweitung wirkte stärkeren Preisrückgängen entgegen. Die Überbewertungen verringerten sich im Zuge der Preisrückgänge 2023. Dadurch ist das Rückschlagpotenzial nunmehr geringer als in den vorangegangenen Jahren. Da sich die Überbewertungen noch nicht vollständig abbauten, sind weitere Korrekturen jedoch nicht ausgeschlossen. 1

Die Preise für selbstgenutztes Wohneigentum sanken gemäß den Angaben des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken (vdp) um 4,1 %. Der Preisindex des Statistischen Bundesamtes ging im Mittel der drei ersten Quartale 2023 gegenüber dem Vorjahreszeitraum wesentlich stärker zurück, nämlich um 8,9 %. Der Rückgang des EPX-Preisindex für Wohnimmobilien der Hypoport AG belief sich 2023 auf 4,2 %. Alle drei Indikatoren zeigen einen deutlichen Rückgang der Wohnimmobilienpreise an.

Gemäß Berechnungen auf Basis der Preisangaben der bulwiengesa AG sanken Wohnimmobilienpreise in den 127 deutschen Städten im vergangenen Jahr um 4,5 %, nachdem sie im Jahr zuvor noch deutlich um 6 % zugelegt hatten. In den sieben Großstädten betrug der Rückgang 5 %. 2 Die vierteljährlichen Angaben des vdp zeichnen ein ähnliches Bild. Demzufolge gingen die Preise für Wohnimmobilien 2023 in den sieben Großstädten um 5,3 % zurück. Beim Vergleich der vdp-Angaben für Großstädte mit denjenigen für Gesamtdeutschland bestätigt sich der Eindruck aus dem vorangegangenen Preisaufschwung, dass sich die Preisänderungen bei Wohnimmobilien in den Ballungsgebieten tendenziell schneller vollziehen als im ländlichen Raum. So waren die Preisrückgänge in den Städten seit dem Wendepunkt 2022 größer als in weniger dicht besiedelten Kreisen. Die Preismessung unterliegt derzeit allerdings besonders hoher Unsicherheit. Vor allem der Stellenwert der Energieeffizienz von Objekten bei der Preisfindung könnte sich erhöht haben. Die ausgewiesenen Preisänderungen spiegeln unter Umständen auch höhere Preisabschläge bei Objekten mit niedriger Energieeffizienz wider. 3

Die Mieten stiegen im abgelaufenen Jahr im Gegensatz zu den Preisen und deutlich stärker als 2022. Laut vdp betrug die Vorjahresrate der Neuvertragsmieten für Mehrfamilienhäuser 6,3 %. Damit legte die Teuerung von Mietraum im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren nochmals zu. Gemäß Berechnungen auf Basis von Angaben der bulwiengesa AG erhöhten sich die Wohnungsmieten in neuen Verträgen in den Städten um 5,5 %. Die sieben Großstädte verzeichneten einen Anstieg der Mieten in Höhe von fast 7 %.

Während des Jahres 2023 drückten wesentlich straffere Finanzierungsbedingungen und die von sehr hohem Niveau nur allmählich nachlassende Inflation die Erwerbsneigung für Wohnraum. Allerdings erholten sich die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte in inflationsbereinigter Rechnung im Jahresverlauf. Einer stärkeren Nachfragedämpfung wirkte zudem das durch Zuwanderung gestützte Bevölkerungswachstum entgegen. Außerdem lagen die Zinsen für Wohnbaukredite, bereinigt um langfristige Inflationserwartungen, im Berichtsjahr trotz deutlicher Anstiege nicht höher als 2009. Die geldpolitisch hervorgerufene Nachfragedämpfung trug zwar recht stark zu den Preisrückgängen bei Wohnimmobilien bei. Jedoch spielte – angesichts der von sehr hohem Niveau gesunkenen Nachfrage – die verschlechterte Erschwinglichkeit von kreditfinanziertem Wohnimmobilieneigentum eine größere Rolle für die Preisrückgänge. Dies dürfte auch ein Grund für den großen Anstieg der Neuvertragsmieten sein. Viele potenzielle Käufer waren wohl gezwungen, zumindest vorerst auf den Mietmarkt auszuweichen.

Das Angebot wuchs 2023 nochmals schwächer. Die Kosten für Baumaterial stiegen nach sehr hohen Zuwächsen 2022 auch wegen anhaltender Lieferengpässe und Baustoffknappheiten kräftig. Zudem legten Lohnkosten im Baugewerbe zu. Zusätzlich hemmten die gestrafften Finanzierungsbedingungen das Angebotswachstum. Die Anzahl der fertiggestellten Wohnungen, die in den vorangegangenen Jahren bei 295 000 Einheiten gelegen hatte, dürfte durch die außergewöhnlich hohe Zahl an Stornierungen 2023 gesunken sein. 4 Auch die Zahl der genehmigten Bauten dürfte sich 2023 stark, auf etwa 270 000, ermäßigt haben.

Preisindizes für Wohnimmobilien

Die Überbewertungen in den Städten gingen 2023 deutlich zurück. 5 Schätzergebnisse zeigen, dass die Preise für Wohnimmobilien in den Städten zwischen 15 % und 20 % über demjenigen Niveau lagen, das aufgrund soziodemografischer und wirtschaftlicher Fundamentaldaten angemessen ist. 6 Besonders stark war der Rückgang in den sieben Großstädten. Das KaufpreisJahresmiete-Verhältnis bei Wohnungen in den Städten lag etwa 20 % über seinem längerfristigen Mittelwert. Das gesamtwirtschaftliche Kaufpreis-Einkommen-Verhältnis übertraf 2023 den Referenzwert um gut 20 %. Die Langfristbeziehung zwischen Immobilienpreisen, Zinsen und Einkommen zeigt Überbewertungen in einer Spanne von 10 % bis 15 % an. 7 In der Gesamtschau dürften die Überbewertungen trotz beträchtlicher Ermäßigung noch nicht vollständig abgebaut sein. Damit besteht auch weiterhin ein gewisses Risiko von Preiskorrekturen.

Fußnoten
  1. Diese Ausführungen betreffen die realwirtschaftliche Perspektive der Preisentwicklung bei Wohnimmobilien. Aus Finanzstabilitätssicht ist es außerdem nötig, Aspekte der Wohnimmobilienfi nanzierung zu berücksichtigen.
  2. Die sieben Großstädte umfassen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart.
  3. Vgl.: Deutsche Bundesbank (2023a). Dies gilt unter anderem, wenn der Einfluss der Energieeffizienz von Objekten zeitinvariant in die Indexkonstruktion einfließt.
  4. Vgl.: ifo Institut (2023).
  5. Diese Entwicklung hatte sich im Laufe des Jahres 2023 bereits angedeutet. Vgl.: Deutsche Bundesbank (2023a).
  6. Für Details zum zugrunde liegenden Panel-Schätzansatz vgl.: Deutsche Bundesbank (2020a).
  7. Vgl. zu Erläuterungen der Bewertungsansätze: Deutsche Bundesbank (2020b).

Der starke Anstieg der Effektivverdienste der vorangegangenen zehn Quartale setzte sich fort und dürfte den Anstieg der Tarifverdienste im vergangenen Herbst voraussichtlich erneut deutlich übertroffen haben. Darauf deuten auch die bis einschließlich Dezember 2023 vorliegenden stark gestiegenen Nominallöhne aus der Verdiensterhebung des Statistischen Bundesamtes hin. Der Effektivverdienstzuwachs betrug 2023 laut vorläufigen Angaben gemäß den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen 6,1 %, die höchste Rate seit 1992.

Die Lohnzuwächse in den jüngsten Tarifvereinbarungen fielen besonders hoch aus. Das auf zwölf Monate umgerechnete Lohnplus im Öffentlichen Dienst der Länder beträgt 5,9 %, in der Stahlindustrie 4,8 % und in der Holz- und Kunststoffe verarbeitenden Industrie 4,0 %. 6 Im Einzelhandel sowie im Groß- und Außenhandel gab es in den seit April 2023 andauernden Verhandlungen bislang keinen Neuabschluss. Dies dämpfte wegen vieler Nullmonate den Anstieg des gesamtwirtschaftlichen Tarifverdienstindex 2023. Die künftigen Abschlüsse in den Branchen könnten die Zuwachsraten 2024 deutlich erhöhen.

In der diesjährigen Lohnrunde für rund 13 Millionen Tarifbeschäftigte (knapp 60 % der Tarifbeschäftigten) stehen in den ersten Monaten überwiegend Verhandlungen in einigen Dienstleistungsbereichen und im Bauhauptgewerbe an. Ab Mai rücken große Industriebranchen wie die Chemie- und ab Sommer die Metallindustrie in den Mittelpunkt. Die gewerkschaftlichen Lohnforderungen sind nach wie vor sehr hoch, wobei vergangene Reallohnverluste eine Rolle spielen dürften: im Druckgewerbe mit + 12 % für eine Laufzeit von zwölf Monaten, in der Zeitarbeit mit + 8,5 % für eine Laufzeit von zwölf Monaten, im Bauhauptgewerbe mit einem dauerhaften monatlichen Lohnplus in Höhe von 500 € (rund +13 %). Die IG Bergbau, Chemie, Energie (BCE) empfiehlt für die Verhandlungen in der Chemieindustrie eine Lohnforderung von + 6 % bis + 7 %. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in der Chemieindustrie der gesetzliche Spielraum von höchstens 3 000 € für eine abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie bereits mit dem jüngsten Tarifvertrag ausgeschöpft wurde. 7

Die Forderungen der Gewerkschaften nach nachhaltiger Reallohnverbesserung und die weit verbreiteten Arbeitskräfteknappheiten sprechen für hohe kommende Neuabschlüsse. Hingegen könnten die schwache Konjunktur und die voraussichtlich weiter nachlassende Inflation die neu auszuhandelnden Lohnsteigerungen etwas dämpfen. Die Streikbereitschaft der Gewerkschaften dürfte angesichts der in den vergangenen drei Jahren entstandenen und bisher nicht vollständig ausgeglichenen Reallohnverluste weiter hoch bleiben. Die Durchsetzungsquote der Gewerkschaften war seit 2022 höher als in den vorangegangenen 15 Jahren. In den Abschlüssen für 2023 und auch denjenigen, die für 2024 vorliegen, wurden Reallohnerhöhungen häufig nur durch die hohen Inflationsausgleichsprämien erreicht. Da aktuell nach wie vor Reallohnverbesserungen gefordert werden, könnte es nach Jahresende, wenn diese Sonderprämien ausgelaufen sind, zu höheren dauerhaften Tariflohnsteigerungen kommen. Gemäß gesamtwirtschaftlichem Gewinnmargenindikator stiegen die Gewinnmargen im dritten Quartal 2023 – bis hier liegen vierteljährliche Angaben vor – saisonbereinigt nur geringfügig gegenüber dem Vorjahr. 8 Dabei weiteten sich die Gewinnmargen im Produzierenden Gewerbe aus, während sie in den Dienstleistungsbereichen rückläufig waren. Im Vergleich zum ersten Quartal 2021 stiegen die gesamtwirtschaftlichen Gewinnmargen um 3 %. Dabei gab es deutliche Unterschiede zwischen den Sektoren. Während die Gewinnmargen im Produzierenden Gewerbe ohne Bau um knapp 3 % und im Bau um rund 30 % zulegten, stiegen sie in den Dienstleistungsbereichen lediglich um 1 %. Dort dürfte sich daher weniger Spielraum als im Verarbeitenden Gewerbe aufgebaut haben, den jüngst teilweise hohen Lohnkostendruck abzufedern.

Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn stieg zum Januar 2024 von 12 € auf 12,41 € je Stunde (+ 3,4 %). Diese Anhebung hat keine nennenswerten Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftlichen Durchschnittslöhne, da sie im Wesentlichen die unteren Entgeltgruppen in Niedriglohnbereichen betrifft und davon kaum Ausstrahleffekte auf höhere Entgeltgruppen ausgehen.

Exkurs

Im vierten Quartal 2022 erreichte die Inflationsrate in Deutschland und im Euroraum mit Raten von über 10 % historische Höchststände. Zwar sind die Teuerungsraten seitdem wieder deutlich zurückgegangen, sie liegen aber immer noch bei knapp 3 %. In der akademischen und wirtschaftspolitischen Debatte wird eine Vielzahl an möglichen Erklärungen angeführt, warum die Inflation nach Abflauen der Corona-Pandemie anstieg. Verwiesen wird unter anderem auf Lieferengpässe und Rohstoffpreisschocks, aber auch heimische Faktoren, zum Beispiel eine zu expansive Geldund Fiskalpolitik als Reaktion auf die CoronaPandemie. 1 2

Einen weithin beachteten Beitrag zu der Debatte über die Auslöser und Einflussfaktoren der Hochinflation lieferten Bernanke und Blanchard (2023) zunächst für die USA. Dazu verwendeten sie ein kleines stilisiertes makroökonomisches Modell für eine geschlossene Volkswirtschaft. Es besteht aus einer Preisgleichung, einer Lohngleichung sowie jeweils einer Gleichung für kurzfristige und langfristige Inflationserwartungen. Der Kern des Modells sind die Wechselwirkungen zwischen Inflation, Löhnen und Erwartungen. Die Auswirkungen exogener Schocks können sich dadurch verstärken. In ihren Schätzungen für die USA finden die Autoren, dass Rohstoffpreisschocks und Lieferengpässe den Anstieg der Inflationsrate auslösten. Knappheiten am Arbeitsmarkt über höhere Lohnabschlüsse trugen erst später, dafür aber mit größerer Persistenz zu den Preissteigerungen bei. 3

Das Modell von Bernanke und Blanchard wurde im Rahmen einer internationalen Arbeitsgruppe auf verschiedene Länder des Euroraums, Japan, Großbritannien und Kanada übertragen. Die Bundesbank hat das Modell in diesem Zusammenhang auf Deutschland und den Euroraum angewendet (vgl.: Menz (2024)). 4 Ähnlich wie in den USA ist der Anstieg der Inflationsraten auch im Euroraum auf Energie- und Nahrungsmittelpreisschocks sowie Lieferengpässe zurückzuführen. Die Auslöser für diese Schocks werden in dem Modell selbst nicht erklärt. Es liegt aber nahe, dass Angebots- wie Nachfragefaktoren dazu beitrugen. Die hohe, auch durch Angebots- und Nachfragefaktoren bedingte Arbeitsmarktauslastung führte zwar auch im Euroraum zu hohen Lohnsteigerungen. Allerdings waren die dadurch ausgelösten preistreibenden Effekte laut Modell bislang etwas schwächer als in den USA. Aufgrund der im Modell angelegten wechselseitigen Beziehung zwischen Preisen, Löhnen und Inflationserwartungen sind in dem geschätzten Einfluss der Löhne auf die Preise Zweitrundeneffekte enthalten. 5 Darüber hinaus liefert das Modell keine Evidenz dafür, dass sich die überraschend hohen Inflationsraten in der Vergangenheit derart in zusätzlichen Lohnforderungen niedergeschlagen hätten, dass sie zu einer explosiven Lohn-Preis-Spirale geführt hätten. Zwar reagierten die kurzfristigen Inflationserwartungen auf die Energiepreisschocks und die aktuellen Preisschübe, was das Lohnwachstum mit verstärkte. Allerdings blieben die kurzfristigen Inflationserwartungen stark mit den langfristigen verbunden. Diese Verankerung der Inflationserwartungen wirkte insgesamt stabilisierend.

Modelbasiere Zerlegung der Inflationsrate in Deutschland

Mithilfe des Modells lassen sich nicht nur Analysen der jüngeren Vergangenheit durchführen, sondern auch mögliche Szenarien für die Entwicklung von Preisen, Löhnen und Inflationserwartungen in der näheren Zukunft ableiten. Nimmt man an, dass sich die Arbeitsmärkte schrittweise entspannen und keine neuen Schocks auf den Rohstoffmärkten auftreten, legt das Modell ein graduelles Abschmelzen der Inflation in nächster Zeit nahe. Für Deutschland entsprechen die Ergebnisse weitgehend der Inflationsprognose der Bundesbank aus dem Dezember des vergangenen Jahres. Demnach dürfte die Inflationsrate in Deutschland erst im Verlauf von 2026 Werte von gut 2 % erreichen (vgl.: Deutsche Bundesbank (2023b)). Dagegen kehrt in den aktuellen Modellszenarien für den Euroraum die Inflation schneller in Richtung der 2 %-Marke zurück, als vom Eurosystem im Dezember prognostiziert (vgl.: Europäische Zentralbank (2023)).

Das Modell von Bernanke und Blanchard liefert durch seinen Fokus auf die Wechselwirkungen zwischen Preisen, Löhnen und Erwartungen einerseits einen wichtigen Beitrag für die Analyse dieser zentralen makroökonomischen Größen. Andererseits lässt es eine Reihe von preisbestimmenden Faktoren wie zum Beispiel die Geldpolitik, Steuern und weitere Fiskalmaßnahmen, aber auch spezifische Informationen über einzelne Märkte (z. B. Wettereinflüsse oder sektorspezifisches Preissetzungsverhalten) außer Acht. Diese können jedoch für eine gute Prognose von entscheidender Bedeutung sein. In diesem Sinne sind die Szenarien zurückgehender Inflationsraten als unterstützende Evidenz für die abwärtsgerichteten, aber detaillierter ausgearbeiteten Prognosepfade in den Vorausschätzungen des Eurosystems zu verstehen. Eine Voraussetzung dafür, dass sich der laut dem Modell von Bernanke und Blanchard zu erwartende Disinflationsprozess im Euroraum tatsächlich einstellt, ist auch, dass keine neuen preistreibenden Schocks auf den Rohstoffmärkten auftreten und die Arbeitsmarktanspannung überwunden wird. Vor dem Hintergrund der andauernden geopolitischen Unsicherheiten sind insbesondere weitere Rohstoffpreisschocks nicht auszuschließen. Sollten derartige preistreibende Einflüsse länger anhalten, dürfte sich auch laut dem Modell von Bernanke und Blanchard die zeitnahe Rückkehr in Richtung der 2 %-Marke erschweren.

Fußnoten
  1. Größere Aufmerksamkeit erlangte außerdem die These zur „Gierflation“. Ihr zufolge hoben Unternehmen unter Ausnutzung ihrer Marktmacht und den Besonderheiten der Nachpandemiezeit ihre Preise stärker an als anhand des Kostendrucks notwendig gewesen wäre. Allerdings findet sich bislang kaum empirische Evidenz für diese These.
  2. Details sowie die Verweise auf akademische und wirtschaftspolitische Studien finden sich in: Menz (2024).
  3. Für einen Vergleich der Inflationsentwicklung in den USA und im Euroraum vgl. auch: Deutsche Bundesbank (2022).
  4. Ökonometrisch wird das Modell als strukturelles VAR geschätzt, das für den Euroraum unter Einbeziehung länderspezifischer Effekte auf einen Panelansatz erweitert wird.
  5. Die Übertragung des Lohnanstiegs auf die Preise änderte sich im Zusammenhang mit den hohen Inflationsraten der letzten Jahre nicht wesentlich. Sie liegt in Deutschland weiterhin bei gut einem Drittel. Vgl. z. B.: Deutsche Bundesbank (2019c) sowie Bobeica et al. (2019).

Preisentwicklung auf dem Wirtschaftsstufen in der für den HVPI relevanten Abgrenzung

Die Verbraucherpreise (HVPI) stiegen im Herbst 2023 erstmals seit Ende 2020 nur geringfügig. Im Durchschnitt der Monate Oktober bis Dezember 2023 erhöhten sie sich saisonbereinigt um lediglich 0,2 %, nach + 0,7 % im Vorquartal. Grund hierfür war vor allem der starke Preisrückgang bei Energie. Zudem verteuerten sich Industriegüter ohne Energie und Dienstleistungen nicht mehr ganz so stark wie in den Quartalen zuvor. Dagegen zogen die Preise für Nahrungsmittel ähnlich stark an wie im Sommer. Auch in der Vorjahresbetrachtung setzte sich der Disinflationsprozess im Herbst fort. So fiel die Inflationsrate deutlich auf 3,0 %, nach 5,7 % im Vorquartal. Dabei dämpfte der starke Anstieg der Energiepreise im Schlussquartal 2022. Aber auch die Kerninflationsrate (HVPI ohne Energie und Nahrungsmittel) sank kräftig, von 5,8 % auf 3,6 %.

Auch im Januar sank die HVPI-Vorjahresrate spürbar, von 3,8 % auf 3,1 %. 9 Ausschlaggebend hierfür war der Wegfall des Basiseffektes durch die Erdgas-Wärme-Soforthilfe 2022, welcher die Dezemberrate vorübergehend deutlich erhöht hatte. Ebenso nahm die Teuerung bei Nahrungsmitteln und Industriegütern ohne Energie deutlich ab. Dagegen gab es zu Jahresbeginn starke Preiserhöhungen bei Dienstleistungen, vor allem in den nicht administrierten Bereichen. So erhöhte sich der Mietenanstieg, und zahlreiche Versicherungstarife wurden nach oben angepasst. Außerdem verteuerten sich Restaurants und Cafés außerordentlich kräftig. Dabei spielte eine Rolle, dass die zeitweise Umsatzsteuersenkung für Speisen vor Ort auslief, auch wenn die Steuererhöhung wohl nicht vollständig in die Verbraucherpreise weitergegeben wurde. Schließlich stieg der nationale CO₂-Preis auf fossile Brennstoffe an. Per saldo verharrte die Kernrate im Januar bei 3,4 %.

In den nächsten Monaten dürfte die Inflationsrate tendenziell weiter sinken. Dabei ist mit teilweise hohen Schwankungen der Vorjahresrate zu rechnen. Dies rührt von einigen Basiseffekten bei Energie und öffentlichem Personennahverkehr her. Zudem liegt Ostern früher als im vergangenen Jahr, was für die Preise für Pauschalreisen relevant ist. Hauptfaktor des Disinflationsprozesses ist die abnehmende Preisdynamik bei Nahrungsmitteln und Industriegütern. Hier wirkt die sich abschwächende Teuerung auf den vorgelagerten Stufen. Dagegen dürfte sich der Preisdruck bei Dienstleistungen – auch wegen des nach wie vor kräftigen Lohnwachstums – in den kommenden Monaten deutlich langsamer abbauen.

Einige Belastungsfaktoren bleiben wohl auch im ersten Quartal 2024 bestehen. Die industrielle Auslandsnachfrage war in der Tendenz auch zuletzt deutlich rückläufig. Die Verbraucherinnen und Verbraucher sind wohl weiter zurückhaltend bei ihren Ausgaben. Die gestiegenen Finanzierungskosten dürften die Investitionen weiterhin dämpfen. Zudem bleibt die Unsicherheit bezüglich der Transformations- und Klimapolitik erhöht. Außerdem ist nicht auszuschließen, dass die diversen Streiks, unter anderem im Bereich Schienen- und Luftverkehr, die Produktion beeinträchtigen. Noch gibt es Auftragspolster in der Industrie und im Bau. Sie schwinden aber. Im ersten Quartal 2024 könnte die Wirtschaftsleistung daher erneut etwas zurückgehen. Mit dem zweiten Rückgang der Wirtschaftsleistung in Folge befände sich die deutsche Wirtschaft in einer technischen Rezession. Die seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine andauernde Schwächephase der deutschen Wirtschaft würde sich damit zwar fortsetzen. Eine Rezession im Sinne eines deutlichen, breit angelegten und länger anhaltenden Rückgangs der Wirtschaftsleistung kann aber weiterhin nicht festgestellt werden und ist derzeit auch nicht zu erwarten. 10 Insbesondere dürfte sich die Einkommenssituation und damit der Konsum der privaten Haushalte vor dem Hintergrund eines stabilen Arbeitsmarktes, kräftig steigender Löhne und einer abnehmenden Inflationsrate perspektivisch weiter verbessern.

Nachfrage nach Industriegütern und Bauleistungen

Die Industrie bewegt sich auch zu Jahresbeginn in schwierigem Fahrwasser. Die Nachfrage nach Industrieprodukten blieb schwach. Zwar stieg der industrielle Auftragseingang im Dezember saisonbereinigt kräftig gegenüber dem Vormonat. Der Anstieg ist jedoch auf Großaufträge zurückzuführen. Ohne diese volatile Komponente blieb der Auftragseingang deutlich rückläufig. Im Mittel des vierten Quartals 2023 verharrte der Orderzufluss nahezu auf dem Vorquartalsstand. Ohne Großaufträge gerechnet sank die Nachfrage nach Industrieprodukten sowohl aus dem In- als auch dem Ausland kräftig. Gemäß den bis November verfügbaren Daten des Statistischen Bundesamtes waren die Auftragsbestände zwar noch relativ hoch. Im Vorjahresvergleich sind sie allerdings schon erheblich abgeschmolzen. Für eine weiter schwache Industriekonjunktur sprechen auch die kurzfristigen Exporterwartungen und Produktionspläne, die sich im Januar gemäß Umfragen des ifo Instituts verschlechterten.

Im laufenden Quartal dürften sich die Ausgabenspielräume der Verbraucherinnen und Verbraucher zwar deutlich ausweiten. Dennoch halten sie sich mit ihren Ausgaben wohl noch zurück. Das GfK-Konsumklima trübte sich wieder merklich ein. Sowohl die Anschaffungsneigung als auch die Einkommens- und Konjunkturerwartung gingen zurück. Gleichzeitig erhöhte sich die Sparneigung deutlich. Trotz deutlicher Realeinkommenszuwächse dürfte der private Konsum im ersten Quartal daher noch relativ schwunglos bleiben. Darauf deuten etwa die privaten Kfz-Zulassungen im Januar hin, die gemäß Angaben des VDA kräftig sanken. Umfragen des ifo Instituts zufolge verschlechterte sich zudem die Geschäftslage in den konsumnahen Bereichen Einzelhandel und Gastgewerbe.

  • Bernanke, B. und O. Blanchard (2023), What Caused the US Pandemic-Era Inflation?, PIIE Working Paper, 23–4.
  • Bobeica, E., M. Ciccarelli und I. Vansteenkiste (2019), The Link Between Labor Cost and Price Inflation in the Euro Area, ECB, Working Paper Series, Nr. 2235.
  • Deutsche Bundesbank (2023a), Zum Korrekturpotenzial der Preisübertreibungen bei Wohnimmobilien in Deutschland, Monatsbericht, August 2023, S. 59 f.
  • Deutsche Bundesbank (2023b), Sinkende Inflation, aber noch keine Entwarnung – Perspektiven der deutschen Wirtschaft bis 2026, Monatsbericht, Dezember 2023, S. 15–36.
  • Deutsche Bundesbank (2022), Hohe Inflationsraten im Euroraum und in den USA: Gemeinsamkeiten und Unterschiede, Monatsbericht, August 2022, S. 15–17.
  • Deutsche Bundesbank (2020a), Zwei Schätzmodelle für die Preise von Wohnimmobilien in Deutschland, Monatsbericht, Oktober 2020, S. 73–75.
  • Deutsche Bundesbank (2020b), Der lang gedehnte Preisaufschwung bei Wohnimmobilien in Deutschland aus gesamtwirtschaftlicher Sicht: Wirkungskanäle und fundamentale Einflussfaktoren, Monatsbericht, Oktober 2020, S. 67–87.
  • Deutsche Bundesbank (2019a), Kurzberichte, Monatsbericht, September 2019, S. 5–13.
  • Deutsche Bundesbank (2019b), Kurzberichte, Monatsbericht, Oktober 2019, S. 5–12.
  • Deutsche Bundesbank (2019c): Zum Einfluss der Löhne auf die Preise in Deutschland: Ergebnisse ausgewählter empirischer Analysen, Monatsbericht, September 2023, S. 15–39.
  • Deutscher Wetterdienst (2024), Klimatologischer Rückblick auf 2023: Das bisher wärmste Jahr in Deutschland, www.dwd.de.
  • Europäische Zentralbank (2023), Gesamtwirtschaftliche Euroraum-Projektionen von Experten des Eurosystems, Dezember 2023.
  • GfK (2023), Konsumklima: Licht am Ende des Tunnels?, Pressemitteilung vom 20. Dezember 2023, www.gfk.com.
  • ifo Institut (2023), Auftragsstornierungen im Wohnungsbau erreichen neuen Höchststand, Pressemitteilung vom 6. November 2023.
  • Menz, J.-O. (2024), Sources of Post-Pandemic Inflation in Germany and the Euro Area: An Application of Bernanke and Blanchard (2023), Bundesbank Technical Paper, im Erscheinen.

 

Fußnoten
  1. Die Saisonbereinigung umfasst hier und im Folgenden auch die Ausschaltung von Kalendereinflüssen, sofern sie nachweisbar und quantifizierbar sind. Mit der Schnellmeldung wurden auch die Vorquartale teilweise revidiert.
  2. Das Herbstquartal 2023 war außergewöhnlich niederschlagsreich. Vgl.: Deutscher Wetterdienst (2024).
  3. Vgl.: GfK (2023).
  4. Zum höheren Anstieg im Sommer trug vor allem die hohe Inflationsausgleichsprämie von 1240 € für Bundesbeamte im Öffentlichen Dienst bei, die im September 2023 ausgezahlt wurde.
  5. Bei den in den ersten Monaten des Jahres 2024 auszuweisenden Tarifverdienstanhebungen spielt eine Rolle, wann die Inflationsausgleichsprämien statistisch erfasst werden. Bspw. wird die Mitte Dezember 2023 vereinbarte Inflationsausgleichsprämie von 1800 € im Öffentlichen Dienst der Länder aufgrund der amtlichen Regelungen an die Tarifbeschäftigten erst im Lauf des ersten Quartals 2024 ausgezahlt.
  6. Bezogen auf den Eckentgeltempfänger. In niedrigeren Entgeltgruppen kann der Anstieg aufgrund von Sockelbeträgen und Inflationsausgleichsprämien höher und in höheren Entgeltgruppen niedriger ausfallen. In der Holzund Kunststoffe verarbeitenden Industrie variiert der Anstieg leicht je nach Tarifbezirk.
  7. In der Chemieindustrie wurde Mitte Oktober 2022 der erste Tarifabschluss in einer großen Branche mit einer abgabenfreien Inflationsausgleichsprämie vereinbart. Da der gesetzliche Spielraum für eine Inflationsausgleichsprämie dabei ausgeschöpft wurde, steht diese für den nächsten Abschluss nicht mehr zur Verfügung. Die hohe Lohnforderung wird zusätzlich zum Hinweis auf eine nachhaltige Reallohnsicherung mit einer internen Umfrage der IG BCE begründet. Dieser zufolge müssen sich drei von vier Chemie-Tarifbeschäftigten im Haushaltsbudget einschränken. Zudem stufen 55 % ihre persönliche wirtschaftliche Lage derzeit als schlechter ein als vor einem Jahr.
  8. Der Gewinnmargenindikator entspricht dem Quotienten aus dem Deflator der Bruttowertschöpfung und den Lohnstückkosten.
  9. Beim nationalen VPI waren es 2,9 %, nach 3,7 %. Für den HVPI basieren die Januar-Werte zudem auf den turnusgemäß aktualisierten Gewichten für das Jahr 2024. Hier gab es – im Vergleich zu früheren Anpassungen im Pandemiezeitraum – keine größeren Änderungen in den Konsumausgaben.
  10. Vgl.: Deutsche Bundesbank (2019a und 2019b).